Nussknacker aus dem Erzgebirge – Zweck und Schönheit in Holzkunst findig verbunden
Allererste Methoden zum Knacken von Nüssen ähneln bereits dem späteren Nussknacker. Jedoch sind Stein und Amboss wenig dekorativ. Die dekorativen Figuren aus dem Erzgebirge sind wesentlich vielseitiger. Vor allem in der Advents- und Weihnachtszeit gehören sie wie andere erzgebirgische Volkskunst in jede geschmückte Stube.
Wie der Nussknacker zu seiner Uniform kam
Der Abbau von Erzen aus tiefem Gestein bestimmte für lange Zeit das Leben der Menschen im Erzgebirge. Bei allem Fleiß bestimmte das Wetter, ob die Bergleute Arbeit hatten oder zwischen Schnee und Wäldern ausharren mussten. Die Wälder brachten die geschickten Bergmänner auf die Idee, Nützliches mit Verspieltem zu verbinden. Im langen erzgebirgischen Winter tüftelten sie an den ersten Nussknackern als Kinderspielzeug. Immerhin hatten sie trotz ihrer Armut in der arbeitslosen Zeit eine Freude für die Jüngsten geschaffen. Viele Figuren mit ähnlicher Erfindungsgeschichte kennt heute die erzgebirgische Volkskunst. Der Nussknacker in der Bergmannstracht ist darunter eine der ältesten.
Die aufrechte Haltung war seit den ersten Nussknackern von einem strengen Gesichtsausdruck begleitet. Der Mund war ein Hebel und hätte seinen funktionalen Zweck in geschwungener Form weniger gut erfüllt. Doch Haltung und Mimik brachten die findigen Handwerker auf eine Idee: Warum sollten sie nicht ohne Worte ihre Meinung zur Obrigkeit kundtun? Schnell wechselte der hölzerne Bergmann seine Tracht gegen das Gewand eines Fürsten, die Uniform eines Husaren oder die des dortigen Dorfgendarmen. Die Obrigkeit konnte gegen diese kreative Auslebung wenig unternehmen. Die armen Leute der Gegend griffen die Gestaltungsmöglichkeiten auf.
Der moderne Nussknacker aus dem Erzgebirge hat vielerlei Gestalten. Klassische Figuren sind weiterhin König, Husar, Soldaten, Gendarmen oder Bergmann. Aber der Nussknacker unseres Jahrhunderts präsentiert sich inzwischen auch mit Bäuchlein, Pausbäckchen und beinahe einem Lächeln. Zudem gibt es viele Abwandlungen und Variationen klassischer Figuren wie einen König, Gendarmen oder Soldaten in ausgefallenen Farben und Gewändern. Solche Ideen und Motive wie der gemütliche Nachtwächter, der geduldige Schafhirte oder gar der Weihnachtsmann zeigen den Wandel, der die erzgebirgische Volkskunst noch vielfältiger macht. Internationale Nachfrage hat gewiss auch zu diesem Trend geführt.
Kunsthandwerk aus dem Erzgebirge: Humorvoll und pragmatisch
Eine Zange zum Nüsse knacken konnte sich zu den Entstehungszeiten erster Nussknacker höchstens die Mächtigen ihrer Zeit leisten. Gut bezahlte Händler saßen daheim mit ihren Knackwerkzeugen aus Eisen – ausgerechnet aus dem Material, das die Erfinder des Nussknackers mühevoll aus den Tiefen des Erzgebirges förderten. Heutzutage ist die erzgebirgische Volkskunst ein Zeugnis davon, wie die buchstäbliche Not um den Lebensunterhalt erfinderisch macht. Entsprechend erfinden moderne Kunsthandwerker der Region weiterhin Kreationen, die außer ihrer Funktion auch Freude machen.
Maschinelle Fertigung des begehrten Küchenhelfers und Kinderspielzeugs, der oft als König oder Soldaten dargestellt wird, hat auch im Erzgebirge inzwischen Einzug gehalten. Die über 60 Teile eines klassischen Nussknackers werden per Programmierung vorbereitet und erst am Fließband zusammengesetzt. Doch die Manufakturen der Holzspielzeuge behaupten sich aufgrund großer internationaler Nachfrage weiterhin. Holz für den Nussknacker bleibt für beide Varianten – manuelle Fertigung und Massenproduktion – das bevorzugte Material. Nur wenige kleine Schaumodelle aus Plastik konnten sich trotz der starken Nachfrage bis heute international durchsetzen. Sammler schwören auf die aufwändige Handarbeit und Holzkunst. Sogar unter Familien von Auswanderern hat sich der kleine getreue Helfer durchgesetzt. Nur hat er nicht mehr in aller Welt seine simple Funktion zum Nüsse knacken.
Ursprünglich ließ sich mindestens der Mund mit Hilfe des Hebels im Nacken manuell bewegen. Einige Spielarten erlaubten auch eine Art Marsch-Schritt mit Beinstrecken oder Armveränderungen. Obwohl all diese spielerischen Extras inzwischen wenig Beachtung finden, bestehen Nussknacker traditionell noch immer aus ihren ca. 60 Einzelteilen. Nicht die Funktion, sondern die Liebe zum Detail ist darin Symbol für gelebte erzgebirgische Volkskunst.
Erzgebirgische Volkskunst und moderne Mythen um die jetzige Herstellung
Als die Industrialisierung ihren Siegeszug antrat, suchten zahlreiche Fabrikanten danach, den Nussknacker weniger arbeitsintensiv in gleicher Qualität herzustellen. Es wurden Metalle und später Kunststoffe ausprobiert, um das Original aus dem Erzgebirge am Fließband günstiger zu produzieren. Es zeigte sich aber, dass Qualitätsansprüche wie Verschleiß, Lebensdauer und Schönheit durch solche vermeintlichen Innovationen nicht erreichbar waren. Ganz im Gegenteil: Statt der ursprünglich etwa 60 Teile in etwa 60 Arbeitsschritten muss ein moderner Nussknacker nun über 100 Mal bearbeitet werden, bevor er ähnlich dekorativ und nützlich im Haushalt stehen kann.
Der Grund dafür liegt in der Erfindungszeit des gestrengen und zugleich nützlichen Weihnachtsgesellen. Erzgebirgische Volkskunst zielte darauf ab, Dinge mit dem geringstmöglichen Aufwand und dem größtmöglichen Nutzen zu schaffen. Die Bergmänner schnitzten und hobelten, ihre Familie malte und beklebte, und schließlich stand das Kinderspielzeug mit Mehrwert in optimalem Zustand in der Wohnung. Der Mythos, man könne einen echten Nussknacker leicht aus Metall und mit Maschinen fertigen, bleibt bis heute widerlegt.
Die Nachfrage nach Nussknackern in allen möglichen Ausführungen ist seit dem Jahrhundert seiner Erfindung bis zum heutigen Jahrhundert ungebrochen. Die gestrengen Wächter dienen als Figuren auf einem nachempfundenen Schlachtfeld, als Halma Figuren von besonderem nostalgischem Wert oder als traditioneller Teil der modernen Weihnachtsdekoration. Hölzerne Ausführungen, ob mit Mundwerkzeug oder einfach liebevoll für Spielzwecke nachgefertigt, bleiben Trend im internationalen Marktvergleich.
Superlative aus dem Erzgebirge
Die Manufakturen im Erzgebirge sind zu Recht stolz auf den Siegeszug ihrer Handwerkskunst über die Ländergrenzen hinaus. Was einst Kinderlachen in die ärmlichen Stuben brachte, schmückt heutzutage dank der hochwertigen Holzkunst Weihnachtsstuben auf vielen Kontinenten. Deshalb bleibt die Handarbeit mit allen zeitaufwändigen Schritten unangefochten beliebt neben vielen Versuchen, den Nussknacker ähnlich authentisch am Fließband zu fertigen.
Tradition bedeutet für die erzgebirgische Volkskunst auch das Bewahren von Werten in den einzelnen Bereichen. In den Regionen mit den meisten und beliebtesten Kunsthandwerkstätten entstanden nach und nach Superlative zu einzelnen Schnitz- und Weihnachtsthemen. Der Nussknacker spielt dabei eine buchstäblich gewichtige Rolle. Als würdiger Vertreter der alten Kunsthandwerke wacht er im Nussknacker Museum mit stolzen über zehn Metern über den Eingang. Ob es Nüsse in solchen Dimensionen zu knacken gibt? Möglich ist es, denn dieser weltweit größte Vertreter seiner Zunft funktioniert grundsätzlich wie seine Kollegen in der Wohnstube.
Die kleinen Vertreter im selben Museum zeigen einen schönen Einblick in die Ideenvielfalt der Schnitzer und Drechsler aus dem Erzgebirge. Mehr als 5.000 Exemplare erlauben Besuchern einen Eindruck vom Ideenreichtum, vor allem bei der Gestaltung der Uniformen. Scharenweise sind Unikate aus mehreren Zeitaltern ab dem Beginn der erzgebirgischen Volkskunst versammelt.
Nussknacker als Inspiration für andere Kunstbereiche
Er mag noch so streng über den Tisch schauen: Künstler ließen sich schon vor langer Zeit von seiner einzigartigen Gestalt inspirieren. Spätestens E.T.A. Hofmann machte das Werkzeug und Kinderspielzeug bühnentauglich. Der Erzähler machte aus dem Geschenk einen Helden. Der wiederum schaffte es später in der Welt des Fernsehens zu immer neuem Ruhm. Inzwischen existieren mehrere Zeichentrickfilme, Animationsfilme und selbst Fantasyfilme mit dem hölzernen Gesellen aus dem Erzgebirge in der Hauptrolle.
Erzgebirgische Volkskunst ist mit dem Nussknacker als Kunstheld sogar im Ballett vertreten. P.I. Tschaikowski widmete seinen eigenen Kindern die weihnachtliche Heldengeschichte. Bis heute wird der Traum von Clara und der Sieg des Nussknackers weltweit auf großen Bühnen getanzt und intoniert. Möglicherweise sind solche künstlerischen Abwandlungen ein Grund für die bis heute ungebrochene Beliebtheit des hölzernen Küchenhelfers und Kinderspielzeugs aus dem Erzgebirge.
Fazit:
Aus den Dekorationen zur Adventszeit ist der Nussknacker aus dem Erzgebirge nicht mehr wegzudenken. Er knackt Nüsse, schaut mehr oder weniger streng und hat sich als Symbol der Winter- und Weihnachtszeit auf mehreren Kontinenten etabliert. Neben der heute oft maschinellen Fertigung und Exemplaren aus Metall oder Kunststoff behaupten sich die hölzernen Manufaktur-Produktionen weiterhin als Dauertrend.